Spirituelles Burnout

Die Zeit ist gekommen, heimzukehren, nach Hause zu den Ahnen.



Wir, die Spirituellen, wissen, wie Leben geht. Wir kennen die „om“s und „aho“s. Vielleicht unterrichten wir es sogar.

Und dann, erst schleichend, dann plötzlich und mit aller Wucht, vergessen wir, was das alles soll.

Wir könnten morgens aufstehen und unsere Rituale machen und alles wäre wieder gut. Wir kennen die Asanas und die Meditationen und die richtigen Globuli oder Kräuter.

Aber etwas in uns will das alles einfach nicht mehr.

 

Dies ist keine Depression (was immer Depression sein mag).

Es macht einfach keinen Spaß, uns immer wieder ganz allein am eigenen Zopf aus dem spirituellen Sumpf zu ziehen.

Wir haben außerdem genug damit zu tun, zumindest nach außen, die Kontrolle über unser Leben zu bewahren. Menschen hängen von uns ab. Familie, Schüler, Klienten.

Die glücklichen Zeiten, in denen wir uns mega magisch vorkamen, wenn wir einen Parkplatz fanden, den wir vorher „bestellt“ hatten, sind vorbei.

 

Dabei hatten wir so viel Spaß mit all den bunten spirituellen Ideen.

Von Spaß keine Spur mehr.

Die Vision Boards und aufmunternden Zettel sind voller Kaffeeflecken und vergilben müde vor sich hin..

Der Buddha bräuchte ein bisschen (organische) Möbelpolitur und der flauschige Schutzengel wurde neulich von der Katze zerfetzt.

Spiritualität rockt nicht mehr.

Unsere Magie ist in die Knie gegangen, und da kniet sie jetzt und jammert passiv aggressiv vor sich hin.

 

Was ist los? Spirituelles Junkfood. Das ist los.

Ja, wir haben uns zu lange Zeit mit spirituellem Junkfood vollgestopft. Wir sind überfüttert und zugleich ausgehungert.

Unsere Magie leidet unter schwerem Vitaminmangel.

Von industriellen Nahrungsmitteln für den Körper kennen wir dieses Phänomen ja schon.

Intensive Landwirtschaft und Kunstdünger machen es möglich. Wir können uns rund um die Uhr mit Dingen vollstopfen, die weder in die Jahreszeit, noch in die Landschaft noch in unseren Körper passen.

Früher war es mühsame Arbeit, das Land zu bebauen und zu pflegen und auf gutes Wetter und reiche Ernte zu hoffen.

Heute gehen wir zu Aldi. Hier „ernten“ wir ohne Mühe. Unser Essen kostet nicht viel und ist uns daher auch nichts wert. Solchermaßen ungeliebtes und industriell zusammengepantschtes Futter macht uns nicht satt. (Die veganen Kapseln mit Superfoods, die halb aufgebraucht unsere Schubladen überfluten, sind zwar deutlich teurer gewesen, aber sie fallen auch in diese Kategorie.)

 

Mit unsere Spiritualität erleben wir das Gleiche.

Früher hatten die Leute in unseren mitteleuropäischen Regionen nur die Mythen und Legenden – schamanische Belehrungen in Geschichtenform – die ihnen die alten Leute ihrer Gemeinschaft erzählten.

Für Christen gab es außerdem die Bibel, und die war lange Zeit auf Lateinisch und fast niemandem zugänglich, selbst wenn sie sich so eine handgeschriebene Kostbarkeit hätten leisten können. Nur privilegierte und außerdem überaus gebildete Leute hatten darüber hinaus Zugang zu heterodoxen Lehren, wie etwa der magischen Neoplatoniker oder der Kabbalisten.

Dazu aber mussten sie Latein und Griechisch und vielleicht noch Hebräisch oder Arabisch lernen - und in weit entfernte Bibliotheken reisen (zu Pferd), um überhaupt an eine solche Schrift zu gelangen.

Wer allzu viel wissen wollte, wurde nicht selten an einer der unzähligen Grenzen mit blasphemischen Schriften ertappt und landete als Häretiker auf dem Scheiterhaufen.

 

Spiritualität war fast immer lebensgefährlich. Und selbst in ruhigeren Zeiten war es harte Arbeit und erforderte große persönliche Opfer, magisches Wissen zu erlangen.

 

Heute können wir per Mausklick in wenigen Minuten halbwegs vernünftige Übersetzungen fast aller einstmals hochgeheimen Schriften bekommen.

Und sogar das ist den meisten noch zu mühsam.

Schließlich gibt es einfache Verwurstungen der ehrwürdigen Geheimlehren, Volkstraditionen und Praktiken an jeder Ecke zu kaufen. Komplett ohne Mühe wird uns „alles“ zu Füßen gelegt: Als buntes Engel-Kartenset oder “XY in zehn Minuten” verpackt.

So sitzen wir beim (pseudo)-ayurvedischen Frühstück mit südamerikanischen Chia Samen, ein Säckchen Amethyst-Runen am Gürtel, reden über das (neohermetische) Manifestieren und unser letztes Kakaoritual, um dann nach etwas Yoga in der (pseudo)-schamanischen Schwitzhütte unsere Probleme mit dem Karma und unserer letzten Reinkarnation zu beklagen und für Liebe (christlich) und Erleuchtung (irgendwas) und Öffnung des Herzchakras (völliger Woowoo) zu beten.

 

Ich werfe nicht mit magischen Steinen.

Echt nicht. (Obwohl ich wirklich gerne würde.)

Dies ist ein Glashaus, indem ich es mir auch schon öfters gemütlich gemacht habe.

 

Ich kritisiere auch nicht die kulturelle Appropriation.

(Obwohl ich das auch gerne würde. Echt!)

Wir leben in einer globalen Nicht-Kultur, in der alles käuflich ist.

Wenn wir die seltenen Getreide armer Völker wegmampfen - warum nicht gleich noch ihre Kultur gnadenlos vermarkten?

 

Dieser unverdaute Mischmasch ist nicht sehr bekömmlich. Das spirituelle Durcheinander-essen bringt den Bauch in Aufruhr und schädigt unsere Mitte (pseudochinesisch, ich weiß).
Gleich mal Nux Vomica …

 

Wie bekommen wir unsere Magie dann zurück?

Die alten Welten der, in der die Weisheit der Dorfschamanin oder die sonntägliche Predigt unseres Pastor uns genug Halt und Hoffnung geben hat, um den Herausforderungen unseres Lebens Stand zu halten, sind nicht mehr.

Wir würden uns auch schnell langweilen, wenn wir, wie unsere bescheidenen Vorfahren, jahrzehntelang immer das Gleiche hören würden. Schließlich sind wir daran gewöhnt, alle paar Minuten erneut stimuliert zu werden.

Die Büchse der Spiritualitäts-Pandora hat sich geöffnet und lässt sich nicht mehr schließen.

Dennoch haben wir keine Lust mehr jedem neuen spirituellen Trend hinterherzurennen.

Wir haben dies lange genug getan, um zu wissen, dass die Quickie Spiritualität zwar sehr viel verspricht wird, aber wenig hält.

Wir sind weder glücklicher noch weiser oder liebevoller geworden. Und das Manifestieren von ganz viel Geld hatten wir uns auch sehr viel leichter vorgestellt.

 

Und so, ganz plötzlich, macht uns Spiritualität nicht mehr satt und wir sind viel schlechter dran, als wenn wir überhaupt niemals irgendetwas davon gehört hätten.

All die geraubten und billig vermarkteten Spiritualitäten haben uns geschwächt und überfordert und seelisch ausgezehrt.

Unsere Bäuche können die zerflederten und zusammengemischten Weisheiten aus vielen Tausend Jahren internationaler Spiritualität nicht mehr verarbeiten. So wie künstliche Aromastoffe haben unseren physischen haben nun leere Versprechungen unsere energetichen Eingeweide verwirrt.

Wir sind vollgestopft und hungrig und zugleich ohne Appetit.

Die Gedanken kreisen. Wir fühlen uns chronisch erschöpft, unzulänglich, verkehrt und wagen uns nicht mehr aus dem Haus. Ängste nehmen überhand. Lustlosigkeit und Leere auf allen Ebenen. Wir können nicht mehr lieben und schuld sind immer die anderen.

Schleim verstopft unsere Herzöffnungen.

(Ja, ich bin halt doch chinesische Ärztin.)

 

Spirituelles Burnout gleicht in den Symptomen einer gestörten Mitte und einem ausgelaugten Herzens.

Es ist Zeit, uns zu nähren.

Die Zeit ist gekommen, heimzukehren, nach Hause zu den Ahnen. Hier, in der Tiefe unseres eigenen Seins, gibt es Nahrung für unsere Herzen und Ruhe für den Bauch (den Sitz unserer Emotionen).

 

Was unterscheidet die Ahnenarbeit von Junkfood-Spiritualität?

In der Ahnenarbeit konsumieren wir keine zerfledderten Informationen und wir bekommen auch keine leeren Versprechungen.

Ahnen versprechen uns nichts. Sie drängen sich nicht auf. Sie sind einfach da. Sie sind Familie. Sie leben in unseren Zellen.

Ahnen sind keine Beutestücke aus fremden Kulturen. Wir brauchen nichts über ihr längst vergangenes Leben zu wissen. Es ist oftmals sogar besser so. Unsere Ahnen waren dereinst auch nicht immer lieb und weise.

Die Ahnen bewerten uns nicht. Sie erwarten nichts.

Sie sind einfach da und wir dürfen uns ohne große Höflichkeitszeremonien zu ihnen sitzen.

In der Ahnenarbeit löst unser erschöpftes und verwirrtes Denken sich in Stille auf.

 

Mit Ahnen können wir nichts falsch machen. Sie sind Familie.

Letzeres wiederhole ich gleich noch einmal:

Mit Ahnen können wir nichts falsch machen. Sie sind Familie.

 

Manch eine mag nun denken: Ist es nicht gefährlich, mit Toten zu arbeiten? Können wir damit nicht dunkle Kräfte wecken.

In der Ahnenarbeit arbeiten wir nicht mit Toten sondern mit Ahnen. Wir wecken keine dunklen Mächte. Wir kriechen auch nicht nachts auf allen Vieren über den Friedhof. (Das hat durchaus seinen Platz in der Mysterienschule, aber nicht in der Ahnenarbeit.)

Solange wir einen Menschen noch persönlich gekannt haben, ist sie oder er zu nahe für Ahnenarbeit.

Diejenigen, die auf dem Weg nach draußen sind, möchten wir nicht mit künstlichen Mitteln zurückhalten.

 

In der Ahnenarbeit gehen wir in Resonanz mit der Energie der lange schon nicht mehr toten Vorfahren, die zurückkommen, um durch uns weiterzuwirken. Diese Energie, dieses Wissen ist uns angeboren.

 

Um es klar zu sagen: In der Ahnenarbeit rufen wir keine Toten

Wir zwingen keine uns namentlich bekannten Toten zurück in ihre ursprüngliche Gestalt, damit sie uns trösten oder als unsere Spione im Jenseits fungieren und alle möglichen Fragen (#Lottozahlen) beantworten.

Letzteres nennt man Spiritismus und Nekromantie, und beides sind äußerst kniffelige Angelegenheiten.

 

Das Fürchten lernen? Nicht. (Abgebrüht zu sein und auf Horror zu stehen, ist nicht sexy und erst recht keine Heldentat.)

Ich erinnere mich an meine ersten (und letzten) Experimente mit dem Oujia Brett vor vier Jahrzehnten. GRUSEL.

Ich erinnere mich an Patienten und Patientinnen, die todsterbenskrank wurden, weil sie einen lieben Menschen nicht gehen lassen wollten. Patienten, denen ich Dinge wie diese sagen musste:

„Wollen sie noch einmal in der Intensivstation aufwachen oder vielleicht auch nicht mehr aufwachen, oder wollen sie lieber SOFORT aufhören, mit dem Foto ihrer toten Frau zu reden?“

 

Ahnst du jetzt, warum es keine Fotos auf unserem Altar gibt?

Ich weiß, dass in vielen Traditionen solche Fotos auf den Ahnenaltären stehen, aber, wie gesagt, Spiritismus und Nekromantie sind heikle, kräftezehrende Angelegenheiten und wenig hilfreich, wenn du dein Herz nähren und deine angeborene Magie entdecken willst.

 

Nekromantische Kulturen, wie zum Beispiel die der Chinesen oder Mexikaner haben meist geradezu lähmende Angst vor bösen Geistern, Zombies, Besetzungen und schwarzer Magie.

Da ich im Verlauf meines Lebens einiges von solchen Dingen abbekommen habe – ja, faszinierend. Ich bereue nichts und die Abalone Bücher zehren gewaltig davon – möchte ich den meisten eher davon abraten. Zumindest falls sie nicht ebenfalls vorhaben, Bücher über altchinesische Hexen zu schreiben.

 

Wir verzichten also auf Grusel und tauchen lieber sanft in den Ahnenstrom

Statt mit Toten arbeiten wir mit liebevollen Kräften, die sich bereits ganz von ihrem Leben auf Erden gelöst haben und nun als Licht/Essenz/Funken in den Ahnenstrom und damit zu uns zurückkehren.

Wir träumen uns zurück zur Quelle, dem Ursprung deiner angeborenen Magie.

Vielleicht erinnerst du dich ja;) Es war damals, als ein kosmischer Funken die allerersten Aminosäuren geküsst hat.

Alles, was wir brauchen, ist von Anfang an in uns, und da ist es bis heute. In der Ebene der Ahninnen gibt es keine Zeit.

 

Wenn du dem Ahnenstrom bis zum Anfang folgst, verstehst du irgendwann eine mystische Wahrheit: Deine wahre Ahnin bist du.

Ja. Wirklich. Deine wahre Ahnin bist du.

 
christine li39 Comments